Jessica
"Da mich dieses Thema über die letzen 3 Jahre selbst sehr prägte, ist dies ein Herzensprojekt von mir geworden und ich möchte selbst als Protagonistin erscheinen. Es hat für mich persönlich einen sehr grossen Stellenwert, da ich der Meinung bin, dass dieses Thema nach wie vor tabuisiert wird und Frauen, die sich entscheiden kinderfrei zu bleiben nicht genug Gehör bekommen.
Für mich steht die Tatsache, dass ich keine eigenen Kinder möchte, seit ca. 3 Jahren fest. Durch meine mittlerweile 5 jährige Beziehung mit meinem Partner, der bereits zwei Kinder im Schulalter hat, wurde mir bewusst, dass das Leben mit Kindern einiges verändert und die Freiheit auch darunter leiden kann und so merkte ich, dass ich nicht bereit bin diese Freiheit aufzugeben. Einen klassischen Kinderwunsch hatte ich nie wirklich, ich kann mich nur noch erinnern, dass ich mit ca. 18 Jahren immer davon gesprochen habe, mein erstes Kind mit 25 zu bekommen. Damals war ich mit meinem ersten Freund zusammen und habe einfach gedacht, dass wir mal heiraten und Kinder kriegen. Dieses Bild und der Ablauf des Lebens wird einem als Kind irgendwann so vermittelt. Die Gründe, weshalb ich mich für ein kinderfreies Leben entschieden habe, gehen von der Umweltfrage, über Ethik bis hin zu Angst. Beispielsweise frage ich mich immer wieder, weshalb so viele Menschen darauf bestehen eigene Kinder in die Welt zu setzen, wenn es doch viele Kinder gibt, auch hier in der Schweiz, die adoptiert oder als Pflegekinder aufgenommen werden möchten. Ein weiterer Grund, und das gebe ich offen und ehrlich zu, sind die Verpflichtungen, die ich eingehen müsste, wenn ich ein Kind wollte. Ich möchte mich nicht an etwas binden, dass ich nicht jederzeit wieder ändern kann.
Auf meine Entscheidung hat mein Umfeld, wie wahrscheinlich bei den meisten, sehr unterschiedlich reagiert. Meine Eltern hatten lange Verständnis für meine Lebenspläne. Als jedoch die ersten Freundinnen meiner Mutter Oma’s wurden, fragte sie ab und an nach, ob sie nie Grossmutter werde. Von meinen Freunden habe ich nie ein negatives Wort über die Tatsache, dass ich kinderfrei bin gehört. Dies schätze ich sehr. Manchmal aber höre ich den Satz „ du wärst so eine tolle Mutter, du kannst so gut mit Kindern umgehen“.
Eine ungeplante Schwangerschaft würde mein Leben ziemlich auf den Kopf stellen, jedoch käme für mich eine Abtreibung nicht in Frage. Ich könnte es nicht verantworten, ein Lebewesen für mein verantwortungsloses Verhalten zu bestrafen, den ich bin der Meinung, dass man in meinem Alter nicht mehr „ungewollt“ schwanger wird. Als ich mir selbst die letzte Frage auf meinem Fragebogen gestellt habe, wusste ich erst nicht wirklich was ich antworten soll: „Magst du Kinder?“ Ich kann soviel sagen, ich mag Kinder, aber ich liebe sie nicht. Ich bin 2 fache Teilzeit Bonusmama und 2 fache Patentante. Ich liebe es mit Kindern zu basteln oder anderweitig kreativ zu sein, zudem finde ich es sehr interessant, dass Kinder eine komplett andere und viel einfachere Sichtweise auf gewisse Dinge haben. Zu viele und dazu noch schreiende Kinder an einem Ort gestalten sich für mich dann eher als problematisch. Ich bin der Meinung, dass sich Frauen heute immer noch viel öfter rechtfertigen müssen, weshalb sie keine Kinder möchten, als dies die Männerwelt muss. Da ich neben meiner Tätigkeit als Fotografin noch eine 60% Stelle habe, werde ich oft gefragt, ob ich Kinder hätte, da ich Teilzeit arbeite. Ich finde diese Frage einerseits äusserst beleidigend, da viele Leute davon ausgehen, dass eine Frau nur Teilzeit arbeiten kann, wenn sie Kinder hat und andererseits ist es spannend zu sehen, wie die Frau heute noch eingestuft wird: Frau = Mutter. Eine andere Option gibt es für viele Menschen gar nicht. Ein Beispiel welches ich extrem interessant fand, war, als ich zu Beginn der Beziehung mit meinem heutigen Partner von einigen Leuten gefragt wurde, ob ich jetzt auch Kinder will, da er ja auch bereits welche hat. Ich verstehe bis heute nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat.
Für mich sind all diese Geschichten sehr wichtig und daher möchte ich mich bei allen bedanken, die dieses Projekt möglich gemacht und unterstützt haben. Herzlichen Dank auch an all die Menschen, die sich die Zeit genommen haben und die Geschichten, der portraitierten Frauen gelesen haben. Ich hoffe ich konnte mit diesem Projekt, den Horizont und die Akzeptanz für andere Lebensformen etwas erweitern. Vielen Dank "